Fehlt das Geld oder die Ideen?

Die Zukunft der Mühlkreisbahn
Gedanken eines Anrainers
von Joachim Eckl

Fehlt das Geld oder die Ideen?

Ich wohne direkt neben der Mühlkreisbahn in Unternberg/Bahnhof Neufelden und bin - wie viele - ein überzeugter Anhänger der Bahn. Fest steht, dass es so nicht weitergehen kann!

Nur wenige Leute nutzen die Bahn und die Kosten für den Betrieb sind beträchtlich. Jetzt muss man sich was einfallen lassen. Aber was? Einfach Zusperren ist keine vernünftige Lösung. Auch einen Radweg statt der Bahnstrecke anzulegen finde ich problematisch, weil dadurch die Bahn für immer weg ist. Ich glaube, dass man heute keinesfalls die Leute von der Schiene auf die Straße bringen soll. Jedes Zeichen in diese Richtung ist falsch.

Aber was nützt es, wenn jetzt von einer finanziell maroden ÖBB oder dem Staat oder dem Land eine große Weiterentwicklung der Bahn gefordert wird? Überall wird zum Sparen aufgerufen und hier werden mitten in die große Sparwelle hinein kostspielige Maßnahmen gefordert. Ist es nicht sinnvoller, uns erst einmal selbst darum zu kümmern, dass Leute die Mühlkreisbahn wahrnehmen, mit der Bahn in Berührung kommen und so eine "Nachfrage für die Mühlkreisbahn" entsteht. Sollten wir nicht eher als Triebwagen anstatt als Anhänger der Bahn agieren? Die Mühlkreisbahn funktioniert ja ab Rottenegg wunderbar als Pendlerzubringer-Bahn. Für den Streckenabschnitt zwischen Aigen und Rottenegg ist allerdings Kreativität und gemeinsame Gestaltungskraft gefragt.

Ich möchte hier aus meiner Sicht ein paar konkrete Beispiele für Gestaltungsmöglich-keiten geben: Grundsätzlich könnte man zusätzlich neue Qualitäten und Anreize schaffen, indem man die Mühlkreisbahn als "Bildungsbahn", zum Kennenlernen innovativer Verkehrstechnologien, aber auch zum Erfahren und Entwickeln der Region einsetzt.

Zum Beispiel könnte man statt der teuren Dieselzüge auch "People-Mover" einsetzen. Das sind leichte Kabinenwagen für 30-70 Personen, die in England entwickelt wurden und mit Druckluft (!) fahren. Sie werden nur von einem 50 PS Motor gespeist. Sie sind heute bereits auf mehreren Bahnstrecken im Einsatz. Ihr Erfinder John Perry hat mir gesagt er würde für ca. 30.000.- € eine Analyse und Konzept für die Mühlkreisbahn erstellen. Die People-Mover sind günstig in Anschaffung und Betrieb und stellen eine innovative "Low Tech"-Umwelttechnik dar. (Siehe www.parrypeoplemovers.com)

Außerdem könnte man die Stecke zusätzlich wirklich als Ausflugsbahn für Streifzüge entlang der Großen Mühl touristisch bespielen. Die leer stehenden Bahnhöfe bieten sich perfekt dazu an, Menschen an die Mühlkreisbahn zu bringen:
Unter dem Motto "Eine Region sammelten sich neu" könnten - gemeinsam mit den Schulen des Bezirks - eine Art zeitgenössischer Heimathäuser in den Bahnhöfen eingerichtet werden. Diese Heimat-Bahnhöfe könnten von den Schülern regelmäßig im Geschichts-, Geographie-, Biologie-, Wirtschaft-, Kunst- und Heimat-Unterricht bespielt werden. Man könnte hierzu aus dem Pool der zumeist ohnedies brach liegenden Heimathäuser schöpfen und daraus das Grundmaterial für eine permanente Ausstellungsarbeit in die leeren Bahnhöfe holen. Wenn das alte Kulturgut dort noch laufend von Schülern mit zeitgenössischen Objekten und Informationen aktualisiert, ergänzt und wieder belebt wird, kann durch die permanente Arbeit am Heimat-Bild ein spannendes Entwicklungsfeld entstehen. Einerseits würde mit dieser Idee die Jugend zur Mühlkreisbahn gebracht und zur Auseinandersetzung mit der Region und der Bahn bewegt. Die Bahnhofs-Ausstellungs-Reise durch die Region würde wie eine Perlenkette entlang der Mühlkreisbahn funktionieren und so das Bedürfnis von Touristen wie auch Bewohnern des Mühlviertels selbst nach mehr Bahn nähren.

Mit vereinten Kräften - ÖNJ, Bezirk, Land, Tourismus und Schulen könnte zudem ein Bordprogramm entwickelt werden, ein Kulturprogramm auf Schiene, das die Nutzung dieses Bahnangebotes nicht nur für Touristen interessant macht. Die Mühlkreisbahn könnte so zu einer richtungweisenden "Kulturbahn" entwickelt werden, die zeigt, wie die Bevölkerung ganz wesentlich selbst mit der Kraft ihrer Ideen ihre Zubringer-Bahn belebt.

Ich glaube nämlich nicht, dass es darum gehen kann mit dem Auto zu konkurrieren und mit der Mühlkreisbahn einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellen zu wollen. Vielmehr geht es darum, diese gewachsene Verkehrsstruktur entsprechend ihrer Gegebenheiten zu entwickeln und sie sinnvoll, zum Wohle der ganzen Region am Leben zu erhalten. Außerdem glaube ich, dass sich weder die ÖBB noch das Land OÖ in Zeiten wie diesen finanziell weiter als zur politischen Schadensbegrenzung hinauslehnen werden.

Faktum ist, dass aus der Region selbst das Bedürfnis für die entsprechende Nutzung und die Weiterentwicklung der 1888 gegründeten Mühlkreisbahn entwickelt werden muss. Von der öffentlichen Hand den Erhalt und Ausbau der Mühlkreisbahn zu fordern ist richtig. Es sollte aber nicht dabei bleiben. Es geht um einen gemeinsamen Kraft-Akt, an dem die Mitglieder von "Zug-kunft Mühlkreisbahn", der unabhängigen regionalen Initiative, aber auch alle anderen Freunde der Region beteiligt sind. Für mich besteht das unmittelbare Ziel für die Mühlkreisbahn darin, aus der vorgegebenen Situation eine konkrete Aufgabe zu entwickeln und zum gemeinsamen Handeln zu kommen. Zuerst braucht man eine Vision aus deren Entwicklung die Energie zum gemeinsamen Handeln entsteht. Erst dadurch wird der Erhalt der Mühlkreisbahn langfristig möglich.

Wie fassen wir die Sache an? Was können wir selber machen? Wieweit können wir mit den vorhandenen Mitteln kommen? Was brauchen wir um das Ding tatsächlich zu heben und wieder auf Schiene zu bringen? Wie können wir konstruktiv herangehen um unnötige Kraftvergeudung verhindern?