Es geht, wenn man will ...

Im Jahr 1991 wurde die Vinschgerbahn von den Italienischen Staatsbahnen eingestellt. Der sogenannte „dürre Ast“ in den obersten Winkel Italiens wurde kaum in Anspruch genommen. In der Folge verlotterten die Bahnanlagen, Bäume wuchsen aus den Gleisen, die Bahnhofsgebäude waren desolat - bis zum Jahr 1999, als die Bahn ins Eigentum der Provinz Bozen übergegangen ist. Ab da begann die Erfolgsgeschichte der Bahn, denn man entschied sich für die Wiederinbetriebnahme. Um 120 Mio. Euro wurde die gesamte Infrastruktur ertüchtigt, Bahnhofsgebäude nach historischem Vorbild und mit viel Einfühlungsvermögen renoviert und moderne Triebwagengarnituren angeschafft. Heute befördert die Bahn nahezu 3 Mio. Fahrgäste jährlich und bildet das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in der gesamten Region.
Dieses Beispiel zeigt, was im öffentlichen Verkehr zu erreichen wäre, wenn man nur will und die entscheidenden Schritte setzt.
Und was hat das jetzt mit uns zu tun? Gerade die aktuelle Diskussion um die Mühlkreisbahn zeigt deutlich, mit wie wenig Engagement in Sachen Öffentlicher Verkehr in unserem Bundesland umgegangen wird. Bis 2008 war die Mühlkreisbahn, zumindest bis Rottenegg, im Kernnetz der ÖBB, was durchaus nachvollziehbar war: die steigenden Fahrgastzahlen und der Verkehr im Ballungsraum entsprechen den Strategien der ÖBB.
Der Wahlkampfgag Regioliner im Jahr 2008 brachte jedoch die entscheidende Wende. Die ÖBB-Infrastruktur ließ die Bahn sofort fallen und unterließ ab diesem Zeitpunkt nahezu alle Erhaltungsmaßnahmen. Je mehr Kunden man jetzt vertreiben kann, umso schneller kann man zusperren – so das Credo.
Die ÖVP sah damals ein dankbares Wahlkampfthema und versprach die Mühlkreisbahn zu sanieren und bis zum Hauptbahnhof zu verlängern. Noch in der laufenden Legislaturperiode sollte mit den Arbeiten begonnen werden. Doch Bahnen sind nicht Sache der ÖVP und in trauter großkoalitionärer Einigkeit war die RegioTram geboren. Trotz Widerständen aus der betroffenen Bevölkerung wird das Projekt munter weiter geplant. Mehr als 11.000 Unterschriften vorwiegend aus der Region gesammelt, verlangen die baldige Sanierung und Beschleunigung der bestehenden Bahn. Jene regionalen Politiker, die sich für die rasche Verbesserung eingesetzt haben, wurden inzwischen zurückgepfiffen. Die Menschen im Oberen Mühlviertel glauben nicht mehr, dass irgendwas geschehen wird. Man kann es ihnen nicht verdenken!
Öffentlicher Verkehr ist ein Zukunftsthema und von der Politik wird erwartet endlich Zeichen zu setzen. Der Benzinpreis wird weiter steigen und es wird den Menschen nicht länger zuzumuten sein sich einen Zweitwagen nur für die Fahrt zum Arbeitsplatz zu leisten. Eine qualitativ hochwertige Bahn mit kürzeren Fahrzeiten, park & ride-Anlagen und vernetzten Bussystemen, die die Anschlüsse zu den Ortschaften herstellen, ist unabdingbar: so schaut Verantwortung gegenüber den vielen Pendlern, den künftigen Generationen und der Umwelt aus. Zudem bietet die im Aufbau begriffene Europaregion Donau-Moldau ungeahnte Möglichkeiten die Bahn in der Zukunft als Alternative zum Individualverkehr zu positionieren.

Die Vinschgerbahn ist in vielen Belangen mit der Mühlkreisbahn vergleichbar: Das alles ließe sich – bei gutem Willen - auch in unserem Bundesland umsetzen. Daher der Apell: Jetzt handeln, bevor es zu spät ist!

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