Öffentlicher Verkehr ohne Weitblick

Den öffentlichen Verkehr so weiterzuentwickeln, dass er auch den Anforderungen der nächsten Generationen gerecht wird, das wäre eigentlich die Aufgabe der Verkehrspolitik. Denn schließlich wird durch ständig steigende Energiepreise, wachsendes Umweltbewusstsein und nicht zuletzt Parkplatz- und Stauprobleme in den Ballungsräumen der Ruf nach funktionierenden und verzahnten ÖV-Systemen unüberhörbar. Die Herausforderung ist, dass der motorisierte Individualverkehr bereits weit vor den Grenzen der Stadt mit dem Schienenverkehr verknüpft wird. Park&Ride-Anlagen im Umkreis von mind. 50 km vom Zentrum bewirken, dass die Verkehrsströme bereits sehr früh abgefangen werden. Natürlich sind Taktverkehre bis in die Nachtstunden und eine hohe Qualität der eingesetzten Fahrzeuge eine Grundvoraussetzung, um die Menschen zum Umsteigen zu bewegen.

Man braucht nicht unbedingt das ÖV-Musterland Schweiz für einen Vergleich zu strapazieren, auch Salzburg, Graz, Innsbruck oder Vorarlberg bieten durchaus nachahmenswerte Vorgaben.
Während andere Regionen Österreichs also herzeigbare S-Bahnsysteme bauen, bastelt die oö Verkehrspolitik an einer ernüchternden Minilösung, die nicht nur unverhältnismäßig teuer, sondern auch von geringem Nutzen ist. Straßenbahn statt S-Bahn, Schmalspur statt Normalspur und Rottenegg statt Aigen-Schlägl scheint die Vision! Um viel Steuergeld soll die Mühlkreisbahn auf die weltweit fast einzigartige Spurweite von 900 mm rückgespurt werden. Das bedeutet um mehr als einen halben Meter weniger Breite, weniger Sitzplätze, keine WC's, keine Multifunktionalität der Fahrzeuge und schließlich ein Abkoppeln des Oberen Mühlviertels von der Schiene. Die vorgegebene Fahrzeit von 59 Minuten bis Rohrbach ist nur mit unvertretbar hohem Aufwand erreichbar, etwa durch 2-gleisige Abschnitten im dicht verbauten Puchenauer Ortsgebiet mit Entfall von zahlreichen Parkplätzen oder im Bereich der Achleitnersiedlung im Flußquerschnitt der Donau. Sicherungs-technische Grundlagen des Eisenbahnwesens werden total ignoriert: dass bei Geschwindigkeiten bis zu 100 Km/h ein Fahren auf Sicht (wie bei der Straßenbahn) gar nicht möglich ist, scheinen die Planer und die Politik vollkommen außer Acht zu lassen.

Bessere Projekte, wie das mit Unterstützung der TU Wien und FH St. Pölten jüngst erstellte Gutachten einer S-Bahn für Linz unter Einbindung der Mühlkreisbahn werden mit falschen Argumenten reflexartig vom Tisch gewischt. Dazu werden dem uninformierten Bürger (Wähler) faule Ausreden, falsche Vergleiche und unwahre Zahlenspiele vorgetäuscht. Niemand scheint sich das Projekt tatsächlich genauer angeschaut zu haben, denn sonst würden nicht vollkommen falsche Baukosten ins Spiel gebracht werden (€ 250 Mio. gegenüber rd. € 130 Mio. im Gutachten). Auch die Aussagen des Linzer Verkehrsreferenten, wonach das Projekt schon alleine aus Lärmgründen abzulehnen ist (warum?), scheint die Vermutung der geringen Sachkenntnis der Entscheidungsträger zu untermauern.

Linz bietet aufgrund seiner sternförmig auf den Linzer Hauptbahnhof zulaufenden Schienenachsen die besten Voraussetzungen für ein weit in die Region reichendes S-Bahnsystem, das entsprechend dem Ausbaufortschritt auf den einzelnen Achsen etappenweise in Betrieb genommen werden kann. Mit dem Verbindungsbogen zur Mühlkreisbahn, entsprechend o.e. Gutachten, kann ein geschlossenes System mit optimaler Verknüpfung zu den innerstädtischen Linien geschaffen werden. Und dass der Bund ausschließlich an Straßenbahnprojekten in Linz mitfinanziert scheint eine mehr als gewagte und offensichtlich den eigenen Wünschen untergeordnete Aussage zu sein. Warum sollte der Bund bei einem wesentlich teureren Straßenbahnprojekt mitfinanzieren und das effektivere und zukunftsorientiertere S-Bahnsystem ignorieren? Vielleicht hat da die Politik bei den Verhandlungen versagt?

Wenn schon die Schweiz als Vorbild dienen soll, dann bitte die richtigen Schlüsse ziehen! Aber Linz bleibt halt in Sachen ÖV Provinz, auch wenn sich die selbstherrliche Stadtpolitik eine U-Bahn wünscht und der Verkehrsreferent diesen Willen umzusetzen hat – koste es, was es wolle! Diese Art der Politik wird bekanntlich abgelehnt.

DI Robert Struger
4040 Linz