Erhaltet die Mühlkreisbahn!

Ich schließe mich dem Begehren zur Erhaltung der Mühlkreisbahn, ja zu ihrem zeitgemäßen Ausbau und ihrer dementsprechenden Streckenführung (Hauptbahnhof Linz) vollinhaltlich an. Alle hier bereits eingebrachten Argumente stimmen, und ich kann sie nur unterstreichen. Dazu kommt noch: Das Mühlviertel war – als Grenzland und mit dem Sog nach Linz – schon immer ein Problemgebiet; auf vielerlei Ebenen. Und leider ist das auch in mancherlei Hinsicht so geblieben. Also sollte man nicht noch ein neues Problem dazu erschaffen!

Wir alle wissen, wie wichtig Zukunftsdenken ist; sollten das jedenfalls wissen, und dies nicht nur wissen, sondern die Erkenntnisse in weiser Voraussicht in unser Planen und Handeln, in unsere Entscheidungen miteinbeziehen. Dieser Appell richtet sich vor allem an die Entscheidungsträger, und da insbesondere an die Politiker, aber auch an die Bevölkerung, an die Betroffenen selbst. Weise Vorausschau und nicht Handeln nach immer nur momentanen, oft nur scheinbar gültigen Kriterien – die sich nicht nur ändern können, sondern die sich stets ändern, geändert haben und ändern werden! – ist für die Zukunft notwendig und entscheidend.

Sanfter Individualtourismus ist gefragt für diese Region Mühlviertel mit seiner wunderbaren Landschaft und Stille, noch da und dort. Das bedingt und erfordert auch unbedingt eine Reduzierung anstatt eine Zunahme des Individualverkehrs auf der Straße. Es ist längst eine Zeit angebrochen, in der viele Menschen - auch aus wirtschaftlichen Gründen - nicht mehr in entfernte, pseudomoderne Urlaubsgebiete mit gigantischen Betonsilohotels auf Urlaub fahren, sondern schon wieder gerne im eigenen Land bleiben (da auch ihr Geld ausgeben!), dieses erleben, erforschen und genießen wollen. Statt „Erlebnisurlaub“ wird es der Erholungsurlaub sein. Ein paar Tage Ferien vom Alltag und Beruf! Überforderte Manager, Selbständige und von der Arbeit Ausgelaugte wissen das längst; und handeln danach. Statistiken beweisen es.

Es geht nicht um Nostalgie bei der Erhaltung der Mühlkreisbahn und der Weiterentwicklung von ihr, sondern um kluge und verantwortungsvolle Wahrnehmung von Zukunftschancen. Es geht um eine weitblickende Vorausschau anstatt um Augenblicksdenken und unüberlegte, weil einseitig gesehene Konditionen und falsch getroffene Entscheidungen. Das sollten die Entscheidungsträger nicht nur bedenken, sondern auch zum Ausgangsort ihrer Überlegungen und zum Grundsatz ihrer Handlungen machen. Das Mühlviertler-Land gehört niemandem, und niemand kann und darf darüber nach Belieben verfügen! Die Mühlviertler Landschaft ist etwas Wunderbares. Sie gehört uns allen und all jenen, die zu uns kommen wollen. Sie gehört denen, die in ihr leben und jenen, die sie sehen und erleben wollen. Und dabei ist sie in niemandes Besitz! Ich habe dies gerade jetzt wieder als Heimkehrer in meine Heimat erlebt.

Setzen Sie sich, werte und oft so selbstherrliche Lobbyisten und Entscheidungsträger für die Abschaffung der Mühlkreisbahn, doch zuerst und endlich einmal in diese Bahn hinein und genießen Sie von einem Fensterplatz aus das Hinausschauen in diese Landschaft. Und auch das, wie Sie befördert werden; ohne daß Sie lenken, bremsen, Gas geben, auf den Verkehr achten müssen. Lassen Sie das Auto in Linz-Urfahr oder sonstwo stehen und fahren Sie mit der Mühlkreisbahn nach Aigen. Machen Sie sich dort einen schönen Tag. Und fahren Sie am Abend wieder gemütlich hinunter in die Stadt; dorthin, woher sie gekommen sind.

Dann werden Sie vielleicht auch andere Erwägungen in ihr Denken miteinbeziehen als nur solche auf der Basis von Rentabilitätskriterien und Profitzwang. Schönheit und das Leben spüren rentiert sich immer und kostet obendrein nichts! Also lassen Sie uns doch unsere Mühlkreisbahn! Sie gehört längst zum Mühlviertel, genauso wie anderes, das man auch nicht abschaffen würde. Denn: Identität ist etwas ganz Wesentliches. Ist sie einmal zerstört, so ist sie unwiederbringlich verloren. Deshalb: Bedenken Sie unsere Bedenken, bevor Sie handeln!

Peter Paul Wiplinger
Wien/Haslach, 28.9.2010